Gemäss der Yogaphilosophie sind wir nicht nur unser physischer Körper oder Verstand, sondern bestehen aus verschiedenen interaktiven Ebenen, die sich vom grobstofflichen in immer subtilere Bereiche bewegen. Dieses Konzept wird "Pancha Kosha" genannt - Pancha Kosha ist ein Begriff aus dem Sanskrit. Pancha bedeutet fünf und Kosha bedeutet Hülle, Körper oder Schicht. Laut der yogischen Philosophie bestehen wir aus fünf Hüllen oder Schichten, die als ganzheitliches System zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Man kann sagen, Pancha Kosha sind die fünf Hüllen unseres Wesens.
Doch wie interagieren die verschiedenen Ebenen unseres Wesens in der Praxis miteinander? Nimm als Beispiel eine Depression. Wenn wir deprimiert sind, nimmt unser ganzes Wesen den Ausdruck dieser Depression an. Nicht nur unser Gemütszustand wird niedergeschlagen sein, auch der Körper wird eine gedrückte Haltung annehmen. Die Schultern und der Kopf werden wahrscheinlich nach vorne fallen, Haut und Augen werden fahl und müde aussehen und unser Atem wird flach und stockend. Auf diese Weise beeinflusst unsere psychische Stimmung, die mit unserem mental-emotionalen Körper (Manomaya Kosha) verbunden ist, unseren physischen Körper (Annamaya Kosha) sowie unseren Atem- und Energiekörper (Pranamaya Kosha). Yoga ist so wertvoll für uns, da er mit all den Praktiken umfassend auf allen Ebenen unseres gesamten Wesens wirkt, also nicht nur auf eine spezielle Erkrankung, die jemand hat und auch nicht nur auf den physischen Körper. Der Pfad des Yoga soll das Verständnis und das Bewusstsein für diese Hüllen erhöhen, mit Ziel, sich von aussen nach innen zu bewegen. Um sich seiner selbst vollständig bewusst zu sein, müsste man also alle Hüllen, so wie sie gerade sind, gleichzeitig präsent haben. Das braucht viel Übung, Achtsamkeit und Bewusstsein. Du kannst dir vorstellen eine Reise durch diese Hüllen zu unternehmen um letztendlich deine wahre Natur zu entdecken. Hier gebe ich dir einen Überblick der Pancha Koshas und die Erläuterung dazu.
1. Annamaya Kosha - Nahrungshülle (physischer Körper)
2. Pranamaya Kosha - Energiehülle (Atem/Lebensenergie)
3. Manomaya Kosha - Mentalhülle (geistig/emotional)
4. Vijnanamaya Kosha - Weisheitshülle (intellektuell)
5. Anandamaya Kosha - Glückseligkeitshülle (Wonne)
1. Annamaya Kosha - Nahrungshülle (physischer Körper)
Funktion: Skelettsystem, Muskelsystem, Kreislaufsystem, Hormonsystem
Diese Hülle stellt den physischen Körper dar, den groben Ausdruck unseres Körpers, den wir sehen, berühren und fühlen können. Das Sanskrit-Wort Anna bedeutet Essen und das Wort Maya bedeutet Erscheinung. Unser Körper, den wir sehen, ist eigentlich eine Ansammlung von Nahrung. Das Produkt aller Nährstoffe, die du im Laufe der Jahre zu dir gekommen hast. Durch unsere tägliche Nahrungsaufnahme wird diese Hülle erzeugt und genährt. Die Fubktion von Annamaya Kosha ist die Erhaltung des physischen Körpers. Die Yogis sprechen davon, dass es einen Unterschied macht, ob wir tote Tiere essen oder frisches Gemüse, Getreide und Früchte. Die Nahrung formt unsere Körperhülle und beeinflusst alle anderen Hüllen. Während wir Hatha Yoga (Asana) praktizieren, arbeiten wir hauptsächlich mit dem physischen Körper, er ist der Ausgangspunkt unserer Erfahrung und beeinflusst damit die Annamaya Kosha. Auch unsere Nahrung, Bewegung und zB Massage beeinflusst diese Kosha.
2. Pranamaya Kosha - Energiehülle (Atem/Lebensenergie)
Funktion: Biomagnetisches Feld, Chakras, Nadis
Entsprechend des Yoga ist dies die zweite Hülle unseres Wesens. Pranamaya Kosha gehört zum subtilen Körper. Prana bedeutet Energie, aber nicht Energie im üblichen westlichen Sinn des Wortes. Prana ist vielmehr die Lebenskraft, die subtile Lebensenergie, die all unsere physischen Systeme durchströmt und belebt. Der Atem ist der körperlichste Ausdruck von Prana, und Prana ist eng mit dem Atem verbunden. Die Funktion von Pranamaya Kosha ist Körper und Geist mit vitaler Energie zu versorgen. Die Yogis sprechen davon, dass wenn der Energiekörper im vollkommenen Gleichgewicht ist, keine chronischen Krankheiten entstehen können. Im Yoga nehmen wir mit Atembewusstsein und Atemübungen, genannt Pranayama auf diese Hülle Einfluss. Deshalb wird Pranayama auch oft als "Lenken der Energie" oder "Energiekontrolle" übersetzt. Mit Atemübungen und speziellen Mudras im Yoga erhöhen und erleichtern wir den Fluss von Prana im Körper und gleichen gleichzeitig den Fluss der Lebenskraft zu allen physischen Systemen aus.
3. Manomaya Kosha - mentale Hülle (geistig/emotional):
Funktion: Bewusstsein, Unterbewusstsein, Tiefes Unterbewusstsein, Überbewusstsein
Manas bedeutet Geist. Manomaya Kosha ist die Schicht unseres Wesens, die sich als Geist, Emotionen und Gefühle ausdrückt. Dies sind mentale Fähigkeiten, mit denen wir wahrnehmen und Eindrücke aus dem Leben aufnehmen, verarbeiten und interpretieren. Du kannst dir vorstellen, wie ein Vorgesetzter einer Firma, der leider oft fälschlicherweise die Rolle des Managers übernimmt. Die Funktion von Manomaya Kosha sind sinnliche Wahrnehmung und das Wissen über die äusseren Dinge. In dieser Kosha entwickelt sich das Selbstgefühl und das Verhalten des Menschen. Die Yogis sprechen davon, dass das, was im Geist geschieht, Auswirkungen auf den physischen Körper hat und umgekehrt. Wenn wir Yoga Nidra Tiefenentspannung, den Schlaf der Yogis üben, hat dies unmittelbare Wirkung auf diese Schicht. Yoga Nidra transzendiert die beiden äusseren Koshas, um das Eindringen in die Manomaya Kosha zu ermöglichen. Hier können wir zB Mitgefühl, Vertrauen oder Mut entwickeln. Auch Mantra singen beeinflusst diese Hülle.
4. Vijnanamaya Kosha - Weisheitshülle (intellektuell, intuitiv)
Funktion: Intellekt, Intuition, Wissen, Weisheit, Heilung
Die vierte Kosha gilt als weiteren Teil des subtilen Körpers. Jnana bedeutet Wissen und Vishesh Jnana ist das ausserordentliche Wissen, das Wissen, das über die Sinneswahrnehmung hinaus geht. Diese Hülle repräsentiert den höheren Geist, die höhere Weisheit, die unter dem verarbeitenden, denkenden und reaktiven Geist liegt. Die Ebene unseres Seins, die dich zu Wahrheit und Integration führt. Es stellt die reflektierenden Aspekte unseres Bewusstseins dar, die es uns ermöglichen, einen tieferen Einblick in uns selbst und die Welt um uns herum zu erfahren. Die Funktion von Vijnanamaya Kosha sind Vernunft, Urteilskraft und Werturteile. Im Yoga nähren wir diese Hülle, indem wir heilige Texte, Schriften oder Bücher studieren, was zu innerem Wachstum führt.
5. Anandamaya Kosha - Glückseligkeitshülle (Wonne):
Funktion: Glückseligkeit, Ekstase, unbegrenzte Erfahrung, Einheit
Dies ist der subtilste Körper und wird im allgemeinen eher nur in kurzen Momenten ausserhalb des Alltagsbewusstseins wahrgenommen. Tiefes Glück und Verbundenheit, losgelöst von allem - vielleicht hast du dies schon erlebt. Anandamaya Kosha ist die fünfte und letzte Hülle unseres Wesens. Ananda bedeutet Glückseligkeit, nicht Glückseligkeit im Sinne von Emotionen wie Glück oder Vergnügen, sondern eine erweiterte, unbegrenzte Erfahrung der Realität. In dieser Hülle sind Liebe, Glaube und Einheitsempfinden zuhause. Die Weisen, die Rishis sahen die Erfahrung des Glückseligkeitskörpers als eine Erfahrung der tiefsten Ebene unseres Wesens, einen unbegrenzten, glückseligen Zustand des Friedens, der Freude und der Liebe. Hier erfahren wir die Einheit mit dem universellen Bewusstsein. Diese Erfahrung kann nur verwirklicht werden, wenn das Bewusstsein über die materielle Welt hinaus erweitert wird. Berührt man diese Dimension, die jenseits jeder Beschreibung liegt, wird der Einfluss von Zeit und Raum aufgehoben. Deshalb hören wir oft Geschichten über Yogis, die über eine ewige Zeitspanne hinweg reglos in Meditation sitzen. Mit Sicherheit ist dann die Erfahrungsebene von Anandamaya Kosha präsent.
Folgt man den Weisen des Yoga, erkennen wir, dass wir mit Yoga ein breites Spektrum haben, auf die Koshas einzuwirken und somit Heilungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in vielen Bereichen finden. Tiefere Ebenen unseres Wesens können stärker integriert werden, was zu mehr Gleichgewicht, Weisheit und spiritueller Bereicherung in allen Lebensbereichen führt.